14. February 2018 Heiderose Gläß

100 Jahre Wahlrecht für Frauen

2018 jährt sich das Jubiläum der Einführung des Frauenwahlrechts zum einhundertsten Mal.

Als Höhepunkte im Erstreiten des Stimmrechts können 1904 die Gründungskonferenz des Weltbundes für Frauenstimmrecht gelten und 1917 die Gründung des Deutschen Verbandes für Frauenstimmrecht.
Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs und der Ausrufung der Weimarer Republik wurde das Frauenwahlrecht verkündet. Ein jahrzehntelanger Kampf hatte sein Ende gefunden als der Rat der Volksbeauftragten formulierte:

"Alle Wahlen zu öffentlichen Körperschaften sind fortan nach dem allgemeinen freien, geheimen, gleichen und unmittelbaren Wahlrecht aufgrund des proportionalen Wahlsystems für alle mindestens 20 Jahre alten männlichen und weiblichen Personen zu vollziehen."

Am 30. November 1918 wurde somit das aktive und passive Wahlrecht für alle Bürgerinnen und Bürger in der Verordnung über die Wahl zur verfassungsgebenden deutschen Nationalversammlung verankert. Im Januar 1919 fand die erste nationale Wahl unter Beteiligung der weiblichen Bevölkerung statt – die Wahlbeteiligung lag bei 83 Prozent. Der Nationalversammlung gehörten 37 weibliche Abgeordnete an, vier Nachrückerinnen zogen noch 1919 nachträglich in die Versammlung ein.

Der Kampf beginnt immer wieder neu!

Seit dem Haben wir viel erreicht, aber es ist ein ständiger Kampf, der immer wieder neu geführt werden muss. So sind im 2017 gewählten Bundestag sind nur noch knapp 31 Prozent der Bundestagsabgeordneten weiblich, das sind rund sechs Prozent weniger als in der vergangenen Legislatur. Woran liegt das? Bei den letzten Wahlen sind Parteien in den Bundestag eingezogen, die insgesamt einen geringen Frauenanteil haben. Außerdem lag der Anteil von Männern bei direkt gewählten Abgeordneten, die nach dem Erststimmenergebnis in den Wahlkreisen bestimmt werden, höher als bei den vorangegangenen Wahlen. Bei diesen Direktkandidaturen kommen Frauen deutlich weniger zum Zug als auf den Wahllisten, bei denen man einen höheren Frauenanteil durch Quoten oder Quoren (wie z. B. bei den LINKEN und den Grünen) festlegen kann.
Was kann das bedeuten? Für frauenspezifische Themen, zum Beispiel Rückkehrrecht von Teilzeit auf Vollzeit, Pflegegesetze, gleiche Bezahlung oder die Abschaffung des Ehegattensplitting haben sich bislang Frauen stärker eingesetzt, oft fraktionsübergreifend. Im Bundestag sind aber alle für die Politik verantwortlich, die dort gemacht wird – Frauen wie Männer. Frauenpolitik ist Gesellschaftspolitik und damit eine Querschnittsaufgabe. Und ich denke da spielt auch die Parteizugehörigkeit eine große Rolle.

Doch schauen wir auch mal in die Länder der Bundesrepublik.

Über drei Jahrzehnte waren männliche Abgeordnete in den Länderparlamenten der Bundesrepublik fast unter sich. Erst ab Mitte der 1980er Jahre überstieg der Anteil von Parlamentarierinnen in den Landtagen und Parlamenten der Stadtstaaten die 10-Prozent-Marke. Rund um die Wiedervereinigung wuchs der Anteil weiblicher Abgeordneter auf durchschnittlich 20 Prozent und entwickelte sich anschließend sprunghaft weiter – allerdings nicht in überall.

Der Osten war deutliche besser, war!

Mitte der 1990er Jahre waren Frauen in Berlin und in den östlichen Bundesländern besser in den Landtagen repräsentiert als in den westlichen. Bis zum Jahr 2004 pendelte sich der Frauenanteil in deutschen Länderparlamenten schließlich auf durchschnittlich 30 Prozent ein.

Frauenanteil in den Länderparlamenten (Stand Oktober 2017)

Bundesland

Abgeordnete gesamt

Abgeordnete Frauen

Frauenanteil in Prozent

Baden-Württemberg

143

35

24,5

Mecklenburg-Vorpommern

71

18

25,3

Niedersachsen

137

36

26,3

Sachsen-Anhalt

87

23

26,4

Nordrhein-Westfalen

199

54

27,1

Hessen

110

32

29,1

Bayern

180

51

28,3

Schleswig-Holstein

73

22

30,1

Sachsen

126

41

32,6

Berlin

160

53

33,1

Bremen

87

28

33,7

Rheinland-Pfalz

101

36

35,6

Brandenburg

88

32

36,4

Hamburg

121

45

37,2

Saarland

51

18

35,3

Thüringen

91

37

40,6


Nicht nur die Zahl weiblicher Abgeordneter in den Länderparlamenten wuchs in den letzten Jahren – auch in die Landesregierungen wurden deutlich mehr Ministerinnen berufen.
Erste Spitzenreiter waren hier Berlin, wo der Regierende Bürgermeister Walter Momper 1989 acht von dreizehn Senatsposten an Frauen übertrug; in Hessen gingen 1991 fünf der zehn Ministerien in weibliche Hände. Es folgten Ministerpräsidentinnen wie Heide Simonis (1993/Schleswig Holstein), Christine Lieberknecht (2009/Thüringen), Hannelore Kraft (2010/NRW), Annegret Kramp-Karrenbauer (2011/Saarland), Malu Dreyer (2013/Rheinland Pfalz) und Manuela Schwesig (2017/Mecklenburg-Vorpommern)

Wie weiter?

Das Erreichte ist nicht das Erreichbare. Einer Entwicklung, wie sie im September 2017 zu beobachten war, muss entgegengewirkt werden. Schon 2014 hat sich in  Bayern das Aktionsbündnis „Parité in den Parlamenten“  ein Zusammenschluss engagierter Menschen aus allen Bereichen des gesellschaftlichen und politischen Spektrums, das inzwischen bundesweite Unterstützung erfährt. Es fordert eine gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern in den Volksvertretungen. Alle Parteien sollen gesetzlich verpflichtet werden, ihre Kandidatenlisten paritätisch, also 50:50 mit Frauen und Männern zu besetzen. Eine Idee, die auch in den Entwürfen von Gleichstellungsgesetzen der Linksfraktionen in Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern schon einfloss. Natürlich wird es ein langer Kampf werden aber das war auch vor 100 Jahren so – aber das Frauenwahlrecht wurde eingeführt.
 Und Frauen sind nun mal gut die Hälfte der Bevölkerung. Wir haben den Anspruch, dass sich das auch in den Parlamenten widerspiegelt. Wir brauchen in der Politik mehr weibliche Vorbilder, auch damit wir Frauen motivieren, zur Wahl zu gehen oder sich aktiv in der Politik zu engagieren.

Kategorien: Arbeitsgemeinschaften

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