AG Antifaschistische Politik: Menschenrechte statt rechte Menschen
Bürgerinitiativen
Seit Monaten rufen diverse „Bürgerinitiativen“, meist unter Federführung von NPD – Kadern und/oder Mitgliedern „Freier Kameradschaften“ zu Demonstrationen gegen Asylsuchende auf. Der Grundtenor bei all diesen dubiosen „Bürgerinitiativen“ ist immer der gleiche: eine stereotype Phobie gegen alles Fremde. Da wird ein florierender Drogenhandel, ausufernde Kriminalität, Prostitution und schlimmeres vorausgesagt. Die Asylsuchenden werden als Faulpelze bezeichnet, welche nur den „Sozialstaat“ ausnutzen, mehr Geld bekommen als jeder deutsche Hartz IV Empfänger, oder die nehmen den deutschen Bürger die Arbeitsplätze weg. Derartige Parolen fallen bei den „anständigen Bürgern“ auf fruchtbaren Boden. Der in der Mitte der Gesellschaft bestens gepflegte Alltagsrassismus darf endlich mal offen zur Schau getragen werden. Denn diese „Bürgerinitiativen“ sind ja von Bürgern initiiert. Das hinter einem großen Teil der Initiatoren vorbestrafte Nazis, und /oder NPD - Mitglieder stecken ist dabei egal. Die „anständige“ bürgerliche Mitte hat auch kein Problem mit Nazis gemeinsam zu demonstrieren und deren Parolen zu teilen, aber als Nazis möchten sie nicht bezeichnet werden, auch nicht als Rassisten, denn eigentlich haben die ja nichts gegen Ausländer aber … bitte nicht in „unserer“ Nachbarschaft. Am besten gar nicht erst in „unserer“ Stadt! Die können ja auch wo anders hin! Da tauchen dann bei den Bürgern so Probleme auf wie: was machen wir denn als Hausgemeinschaft wenn „die“ den Putzplan nicht einhalten, wer soll den dann den Hausputz machen? In welcher Sprache sollen wir „denen“ denn das erklären? Wichtige Themen also, die saubere Hausgemeinschaften zusammenschweißen. Wer passt denn auf meine Frau und meine Töchter auf wenn ich auf Arbeit bin und diese allein zu Hause? Da kann ja alles Mögliche passieren, keiner weiß ja, wie lange „die“ schon keine Frau mehr hatten. Das sich derartige Verbrechen schon des Öfteren ereignet haben, ganz ohne Asylsuchende in der Nähe, wird ausgeblendet.
Bei derartig gepflegten Feindbildern und Äußerungen fällt mir immer wieder ein Sprichwort ein: „Was ich denk und was ich tu, trau ich auch den andern zu“.
All diese Ressentiments, die in der Mitte der Gesellschaft in erschreckendem Maße zunehmen, werden durch Aussagen diverser Politiker, meist Mitglieder der CDU/CSU befeuert. Erst kürzlich machte der CSU Politiker Horst Seehofer mit dem Slogan „Wer betrügt der fliegt“ Schlagzeilen.
Friedrich Wilhelm Nietzsche (15.10.1844 - 25.08.1900) gab gegenüber Ressentiments zu bedenken: „Während der vornehme Mensch vor sich selbst mit Vertrauen und Offenheit lebt so ist der Mensch des Ressentiment weder aufrichtig, noch naiv, noch mit sich selber ehrlich und geradezu. Seine Seele schielt; sein Geist liebt Schlupfwinkel, Schleichwege und Hintertüren, alles Versteckte mutet ihn an als seine Welt, seine Sicherheit, sein Labsal; er versteht sich auf das Schweigen, das Nicht-Vergessen, das Warten, das vorläufige Sich-verkleinern, Sich-demütigen.“
Diesem Trend folgend hat sich auch in Bautzen eine „Bürgerinitiative“ gegründet, welche sich den Namen „Bautzen wehrt sich gegen Asylmissbrauch” gab. Am 15.03. hatte diese zu einer Demonstration aufgerufen. Etwa 250 - 300 „anständige“ Bürger demonstrierten gemeinsam mit NPD – Kadern wie Torsten Hiekisch mit seiner Frau Antje (Stadträtin in Zittau), sowie Nazis aus der Kameradschaftsszene.
Die „Bürgerinitiative“ begann ihre Demonstration am Postplatz mit einer Kundgebung, die im Lärm der Gegenkundgebung vor dem „Sorbischen Haus“ völlig unterging. Etwa 200 Menschen hatten sich dort, abgeschirmt durch „Hamburger Gitter“ und ein großes Polizeiaufgebot versammelt.
Der Demozug der bewegten Bürger lief über die Karl – Marx – Allee zum Kornmarktcenter und durch die Innenstadt von Bautzen. Immer wieder skandierten die Teilnehmer „Wir sind das Volk“. Am Rand hatten sich ca. tausend BürgerInnen eingefunden, die lautstark gegen den ausländerfeindlichen Mob protestierten. Jeder Redebeitrag der Nazis ging im Lärm unter. An dieser Demonstration nahmen auch viele „anständige“ Bürger mit Kindern teil. Ein Mann, welcher mit seinem etwa 10 –jährigen Sohn ganz vorn mitlief fiel besonders auf. Die Hände auf den Schultern des Sohnes, brüllten beide jede Naziparole mit. Auch den Stinkefinger durfte Sohn den Gegendemonstranten mit wohlwollender Zustimmung seines Vaters offerieren. Sicher einer dieser „anständigen“ Bürger, die immer darauf hin weißen, das Ausländer kein Benehmen haben, ihre Kinder nicht erziehen, da ihnen die deutsche Kultur fremd ist.
Refugees welcome
Antira- und Antifagruppen aus Sachsen haben an diesem Tag ebenfalls zu einer Demonstration aufgerufen. Unter dem Motto:„Veto – Gegen jeden Rassismus!“, setzten etwa 120 AntifaschistInnen ein Zeichen gegen Fremdenfeindlichkeit.
Die Demonstranten forderten hierbei einen Wandel in der Asylpolitik, Bleiberecht, die Abschaffung der Residenzpflicht und des Arbeitsverbotes, sowie eine dezentrale Unterbringung der Asylsuchenden. Auch das „Gutscheinsystem“, welches in vielen Kommunen praktiziert wird, wurde angeprangert.
Sicherheit
Die Polizeiführung indes schien sich auf massive Ausschreitungen eingestellt zu haben. So war diese mit einem Hubschrauber, einer Motorradstaffel, einer Reiterstaffel und einer Hundestaffel im Einsatz. Etwas abseits, aber in Reichweite, stand schweres Gerät: Wasserwerfer und Räumpanzer. Circa 500 Beamte in Kampfmontur begleiteten die Demonstrationen. So wurde dies der bisher größte Polizeieinsatz der in der Bautzener Stadtgeschichte.
Fazit
Die fremdenfeindliche Demonstration konnte leider nicht verhindert oder gestoppt werden. Dennoch konnten die Rassisten ihre Parolen nicht ungestört verbreiten. Trotz des miesen, nasskalten Wetters waren mehrere hundert Menschen in Bautzen auf der Straße um ihren Protest gegen fremdenfeindliche Hetze und Ressentiments lautstark zum Ausdruck zu bringen.
Ramona Gehring
Kategorien: Arbeitsgemeinschaften
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