AG Lisa: Hurra wir haben jetzt Gleichstellung – hurra wir haben die Quote
So ähnlich meinte es meine Bettnachbarin in der Uniklinik – eine Dresdener Unternehmensberaterin – als ich mit ihr über Gleichstellung in Deutschland diskutierte. „Jetzt wird es klappen mit der Gleichstellung, jetzt kommt ja die Quote, das ist der richtige Weg.“
Da hatten es die Medien doch tatsächlich wieder geschafft, das „Quötchen“ von 30 Prozent Frauenanteil in den Aufsichtsräten der DAX-Konzerne also in ca. 100 Unternehmen in Deutschland als den großen Wurf in Sachen Gleichstellung zu verkaufen.
Wie viele Frauen wird das betreffen, warum nur eine Quote in so wenigen Unternehmen, warum nicht auch in Verwaltungsräten und im oberen Management, warum eigentlich nicht in allen Führungsebenen aller Unternehmen und warum eigentlich nur ein 30-prozentiger Frauenanteil und nicht Halbe-Halbe?
Andere europäische Länder sind da wesentlich weiter in Skandinavien, in Frankreich, in Belgien, in Österreich oder der Schweiz gibt es wesentlich strengere Quoten, harten Strafandrohungen bei Nichteinhaltung (siehe Tabelle). Das „nd“ nannte die jetzt gesetzliche Frauenquote „Symbolik statt Kulturwandel“.
Und doch jammern sogar die betroffenen Unternehmen in Deutschland. Es ist schwer geeignete Frauen zu finden, die auch in so einem harten Managerjob arbeiten wollen. Liegt das wirklich nur an den Frauen? Sollte man/frau nicht lieber über die Arbeitsbelastung auch in Führungspositionen nachdenken? Wie kann Familie, Kinder und Karriere vereinbart werden? Wenn Untersuchungen ergeben, dass 21 Prozent der Frauen aber 46 Prozent der Männer sich einen beruflichen Aufstieg als Ziel nach dem Studienabschluss setzen, sollte nach den Ursachen geforscht werden.
Auch Studienberatung ist gefragt, denn noch sind Frauen gerade in den sogenannten MINT-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften Technik) und in den Ingenieurwissenschaften sehr unterrepräsentiert. Die von Frauen gewählten „weichen“ Fächer haben oftmals wenige Aufstiegschancen, enden in Projektarbeit, in befristen Arbeitsverträgen und Teilzeitstellen.
Doch neben subjektiven Faktoren sind gesetzliche Rahmenbedingungen notwendig. Die Quote, eine „strenge“, kann dabei eine „Einstiegshilfe“ sein (das sieht man auch in unserer Partei). Aber auch gesetzliche Regelungen im öffentlichen Dienst, bei landeseigenen und kommunalen Betrieben oder bei staatlicher Förderung in Form eines Gleichstellunggesetzes auf Landesebene, wie z.B. in Berlin und Brandenburg, sind gefragt. (Der Gesetzentwurf der LINKEN wurde im Sächsischen Landtag ja 2013 abgelehnt). So fordern die Gewerkschaftsfrauen, wie die Frauen in der LINKEN (auch schon der PDS) und der SPD, ein Gleichstellungsgesetz auch für die Privatwirtschaft. Das „Quötchen“ der GroKo ist es jedenfalls nicht. Es ist ein ganz kleines Schrittchen auf einem noch langen Weg der Gleichberechtigung.
Heiderose Gläß (LISA Oberlausitz)
Land | Frauenquote | In welchen Unternehmen | Seit wann |
Norwegen | 40 Prozent | in Aufsichts- und Verwaltungsräten der 600 größten Unternehmen | 2003 |
Dänemark | 50 Prozent | In allen staatlichen Unternehmen | 2000 |
Spanien | 40 Prozent | In Betrieben mit mehr als 250 Beschäftigten | 2007 |
Niederlande | 30 Prozent | In Vorständen, Aufsichtsräten und Management von Betrieben mit mehr als 250 Beschäftigten | 2010 |
Belgien | 30 Prozent | In börsennotierten und staatlichen Unternehmen | 2011 |
Italien | 20 Prozent (ab 2015 30 Prozent) | In börsennotierten und öffentlichen Unternehmen | 2012 |
Österreich | 35 Prozent | In Unternehmen mit einem Staatsanteil von mindestens 50 Prozent | 2011 |
Finnland | 40 Prozent | Firmen in staatlicher Hand | 2005 |
Frankreich | 40 Prozent | In börsennotierten Unternehmen und Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten | 2011 |
Island | 40 Prozent | Firmen mit mehr als 50 Mitarbeitern | 2010 |
Kategorien: Arbeitsgemeinschaften
Kommentare
Keine Kommentare zu diesem Beitrag
Hinterlassen Sie einen Kommentar