27. October 2018 Die Görlitzer Stadtratsfraktion

Bericht unserer Görlitzer Linksfraktion

57. öffentlichen Sitzung des Görlitzer Stadtrates am 25.10.2018.

Nach den formalen Tagesordnungspunkten (TOP) 1 und 2 gab Bürgermeister Dr. Wieler (der den OB in Abwesenheit vertrat) zunächst Informationen zu 2 Themen.

TOP 3 Informationen des Overbürgermeisters

  1. Bürgermeister Wieler informierte über die Fortschritte bei der Rechtsicherheit zu den - öffentlich angekündigten - Fördermitteln zur Sanierung der Stadthalle
  2. Zur aktuellen öffentlichen Diskussion zur Sperrung des Sportplatzes Hagenwerder. 

Zur Erinnerung: Zum 15.10.2018 ist der Platz sowohl für den Spielbetrieb und auch für Trainingszwecke gesperrt, so informierte der OB die Stadträte in einer Verwaltungsausschussitzug am 10.10.18.

Zur Diskussion stand eine mögliche Schliessung tatsächlich, seit die Stadt Hochwassergelder für die Sanierung des Stadions der Freundschaft verwendet hat. Das waren 1,3 Millionen Euro. Diese Hochwassermittel gab es - laut Aussage des OB vom 10.10.18 - nur unter der Maßgabe der Schliessung des Platzes in Hagenwerder.

Mit Vollzug der Schliessung nahm nun die öffentliche Diskussion Fahrt auf. Insbesondere die ehemalige GroßeGörlitzerKoalition aus CDU/BfG-Grünen nahm dies zum Anlass sich jeweils gegenseitig dafür verantwortlich zu machen. Die LINKE handelte anders. Wir nahmen Kontakt mit dem Verein auf, sagten unsere Unterstützung zur Vermeidung der generelllen Schliessung zu, teilten eine Petition, recherchierten Fakten und stellten eine Reihe klärender Fragen. Sowohl an der Oberbürgermeister der Stadt als auch an die Staatsregierung. Insbesondere wollen wir herausfinden, wann wer Entscheidungen getroffen hat, die zu der Schließung des Platzes in Hagenwerder geführt haben und wann die Verwaltung den Stadtrat darüber wie informiert hat. Hier sehen wir derzeit Versäumnisse der Stadtverwaltung. Unser Ziel bleibt es hierbei, dass der Sportplatz in Hagenwerder auch künftig genutzt wird. Leider konnte Dr. Wieler zur Stadtratssitzung jedoch nur einen ersten, sehr unvollständigen - Einblick geben. Er wurde beauftragt dies unverzüglich zu vervollständigen und den Stadtrat umgehend zu informieren.Wir bleiben dran!

TOP 4 Fragestunde für Stadträte

Die LINKE nutzte dies zu Fragen, u.a. zur Schulsituation in der Stadt (es gilt den dringend erforderlichen neubau einer Oberschule auf den Weg zu bringen) und appellierte erneut nachdrücklich an die Stadtverwaltung deutlich aktiver in die öffentliche Information der EinwohnerInnen zu gehen.

TOP 5 befasste sich mit Beschlüssen zu Sanierungsmaßnahmen

Der Stadtrat beschloss, beschloss hier im Rahmen des EFFE-Projektes Brautwiesen-bogen" zwei Maßnahmen. Zum einen die Bewilligung einer Zuwendung zur Umsetzung des Projektes Nahwärmenetz EEQ1. Zum zweiten Mittel zur energetischen Sanierung (ergänzend auch aus dem Verfahren Stadtumbau Ost / Aufwertungsgebiet Innenstadt) zur baulichen Sanierung des ehemaligen Güterschuppens zur Ansiedlung der Waldorfschule Görlitz. Die LINKE stimmte beiden wichtigen und richtigen Stadtentwicklungsmaßnahmen zu.

TOP 6 Beschlüsse

6.1. Wahl eines Friedensrichters für die Schiedsstelle 8

Auf Grund des Ablaufs der Wahlperiode des bisherigen Friedensrichters der Schiedsstelle 8, wurde eine Neuwahl erforderlich.  Für die Besetzung der Stelle ist eine Wahl durch den Stadtrat erforderlich. Herr Jens-Rüdiger Schubert wurde mit deutlicher Mehrheit gewählt. Die LINKE wünscht Herrn Schubert Freude und ein gutes Händchen in diesem Ehrenamt.

6.2. Errichtung von Ladestationen im Stadtgebiet von Görlitz für Elektromobilität

Die Stadträte beauftragten den Oberbürgermeister durch Beschluss, ein Konzept für zehn Ladesäulen im öffentlichen Raum zu erstellen. Hier sollen FahrerInnen von Elektroautos ihre Fahrzeuge aufladen können. Die Auswahl der Standorte soll sich u.a. an folgenden Kriterien orientieren: Die Ladesäulen dürfen die Sicherheit der Straße nicht beeinträchtigen, die E-Auto-Fahrer müssen möglichst ungehindert an die Säule heranfahren können. Bei Standorten, die häufig angesteuert werden, soll sichergestellt sein, dass die Netzkapazitäten ausreichen. Wichtig ist auch, dass die Säulen an öffentlichkeitswirksamen Orten errichtet werden um gleichzeitig für die Elektromobilität zu werben. Der Antrag wurde klar angeenommen.

6.3. Aufhebung der Umlegungsanordnung für das Bebauungsplangebiet "Industrie- und Gewerbepark Görlitz-Ludwigsdorf"

Der Stadtrat beschloß die Aufhebung der Umlegungsanordnung von 1995 für das Bebauungsplangebiet „Industrie- und Gewerbepark Görlitz-Ludwigsdorf“, da durch die Beendigung des Aufstellungsverfahrens für den Bebauungsplan die Grundlage für das Umlegungsgebiet entfallen ist.

6.4. Verbindliche Regelung zur Neuerrichtung von Mehrfamilienhäusern

Dieser CDU-Antrag der mehrheitlich ohne Zustimmung der Linksfraktion angenommen wurde hat zum Inhalt, künftige Neuerrichtungen stärker durch die Politik beurteilen zu lassen und weniger durch die Fachämter. Wir haben dem u.a. deshalb nicht zugestimmt, da die einreichende Fraktion keinerlei konkrete Aussagen zu ihren damit einhergehenden Absichten darlegen konnte.

6.5. Satzung zur Änderung der Satzung der Stadt Görlitz über die Erhebung einer Straßenreinigungsgebühr

Der gegenwärtige Kalkulationszeitraum der Straßenreinigungsgebühren endet am 31.12.2018. Dazu fand in diesem Jahr die Ausschreibung der Straßenreinigung für die Jahre 2019-2023 statt. Das günstigste Angebot des Bieters, der den Zuschlag erhalten hat, lag im Ergebnis um ca. 25 % über den bisherigen Preisen. Dies führt leider sowohl bei den Gebühren als auch bei dem städtischen Eigenanteil zu Mehrbelastungen. Mit dem Vorschlag der Verwaltung wird einerseits der Mindestanteil des öffentlichen Interesses von 25 % gewährleistet, was jedoch gegenüber dem bisherigen Kalkulationszeitraum eine Mehrbelastung von ca. 12 T€/Jahr bedeutet, und andererseits ein durchschnittlicher Gebührenanstieg je Jahr je (Durchschnitts-) Grundstück von unter 10 € erreicht. Damit scheint das Ziel eines ausgewogenen Verhältnisses zwischen Mehrbelastung der Stadt als auch der Gebührenpflichtigen erreicht. Der Stadtrat folgte dem dann mehrheitlich.

6.6. Widmung von Straßen im Gewerbegebiet Hagenwerder

Der Stadtrat beschloß die öffentliche Widmung der Alten Kraftwerksstraße sowie der nach Süden abzweigenden Straße als Ortsstraße. Die nach Süden abzweigende Straße erhält dabei die Bezeichnung „Ostritzer Straße“.

6.7. Abwägungs- und Satzungsbeschluss zur 2. Änderung des Vorhabenbezogenen Bebauungsplanes Nr. 9 "Autohaus Nieskyer Straße"

Der Stadtrat beschließt die Abwägungsergebnisse zur 2. Änderung des orhabenbezogenen Bebauungsplanes Nr. 9 „Autohaus Nieskyer Straße“. Das Amt für Stadtentwicklung wird beauftragt, die Öffentlichkeit von dem Ergebnis unter Angabe der Gründe in Kenntnis zu setzen. Ein Schwerpunkt im Rahmen der Planaufstellung war die Lösungsfindung für den naturschutzrechtlichen Ausgleich auf Grund des Entfalls der bisherigen Ausgleichsfläche (Kräuterwiese). In einem städtebaulichen Vertrag mit dem Vorhabenträger wurde die Herstellung einer externen Ausgleichsfläche vereinbart. Zustimmung.

6.8. Aufstellungsbeschluss zum Vorhabenbezogenen Bebauungsplan Nr. 42 "Kühlhaus, Am Bahnhof Weinhübel"

Hier beschloss der Stadtrat die Aufstellung des vorhabenbezogenen Bebauungsplanes Nr. 42 „Kühlhaus, Am Bahnhof Weinhübel“. Ein großartiges Gesamtprojekt. Die Eigentümerin des ehemaligen Kühlhauses sowie der umliegende Flächen, beabsichtigt, die Industriebrache einer neuen Nutzung zuzuführen. Um dazu die planungsrechtliche Grundlage zu schaffen, soll ein vorhabenbezogener Bebauungsplan aufgestellt werden. Im Kühlhaus selbst gibt es bereits Nutzungen (z.B. Skatehalle), welche nun mit den neuen Angeboten und Konzepten verknüpft werden sollen. (Industrie-)Kultur und Freizeitangebote sollen mit klassischem Tourismus- und Beherbergungsbetrieb kombiniert werden. Dies soll Touristen, Familien, sowie Kreativtouristen ansprechen. Durch temporäres Mieten von (Wohn-)Ateliers und Werkstatträumen können sich Akteure der Kreativwirtschaft eine Auszeit vom hektischen Großstadtleben nehmen, ohne auf das Arbeiten zu verzichten. Es soll eine völlig neue Art von (Kreativ-)Tourismus entstehen, welcher in dieser Region einmalig, aber auch andernorts nur selten zu finden ist. Die Kühlhaus-Kolonie will Experimentierraum sein und gleichzeitig Pionierarbeit leisten. Die LINKE unterstützt diese Idee. Zustimmung.

6.9. Abberufung des Geschäftsführers der Görlitzer Kulturservicegesellschaft mbH 

Die Beschlussvorlage hatte den Inhalt, den Oberbürgermeister, als Vertreter der Stadt Görlitz in der Gesellschafterversammlung der Görlitzer Kulturservicegesellschaft mbH, zu beauftragen, Herrn Dr. Michael Wieler zum 31.12.2018 als Geschäftsführer der Gesellschaft abzuberufen.
Der Stadtrat hatte bereits vorab noch weiteren Diskussionsbedarf angezeigt und die Verwaltung zog den Beschlussantrag zurück. Er wird nun zu einer der folgenden Sitzungen verhandelt werden.
Die LINKE hatte u.a. das Fehlen einer öffentlichen Ausschreibung zur Neubestzung der geschäftsführung bemängelt.

6.10. Verleihung des "Meridian des Ehrenamtes" der Stadt Görlitz im Jahr 2018

Bereits zum 20. Mal verleiht die Stadt Görlitz in diesem Jahr den Meridian des Ehrenamtes. Bis zum 31.08.2018 waren Verbände, Vereine, Kirchgemeinden, Bürgerinitiativen und Selbsthilfegruppen aufgerufen, dem Oberbürgermeister eine für das Gemeinwesen bedeutende Person vorzuschlagen, die sich durch vorbildliches bürgerschaftliches Engagement auszeichnet.

Der Stadtrat kann anhand dieser Vorlage bis zu fünf Personen mit dem Meridian des Ehrenamtes auszeichnen. Die Ehrung der Preisträger erfolgt durch den Oberbürgermeister in einer Feierstunde am 4. Dezember 2018.

Die LINKE gratuliert den fünf gewählten PreisträgerInnen:

  • Roland Skupin, für sein Engegement im Görlitzer Modelbahnverein
  • Noreen Czerny , für ihr Engament als Übungsleiterin des Postsportvereins Görlitz
  • Frank Reimann, für sein Engagement im Kleingartenverein "Glück auf" e.V.
  • Kerstin Hildebrand, für ihr Engagement im Verein zur dörflichen Entwicklung Ludwigsdorf
  • Julia Schlüter, für ihr Engagement im Bereich der Migrationsarbeit und als Mitinitiatorin des Café HotSpot

6.11. Videoüberwachung auf dem Marienplatz in Görlitz

Hierbei handelt es sich um einen Beschlussantrag der CDU-Fraktion. Er wurde leider mit 12 zu 9 Stimmen bei Enthaltungen angenommen. Zwar enthält er noch keine tatsächliche Anordnung der Videoüberwachung des Marienplatzes (wie auch, dafür gibt es aktuell KEINE Rechtsgrundlage), er beauftragt jedoch den Oberbürgermeister zu prüfen, wie die rechtliche, technische und finanzielle Umsetzung eines Videoüberwachungssystems auf dem Marienplatz möglich gemacht werden kann. Und diese Ergebnisse dann dem Stadtrat vorzustellen. Die LINKE lehnte diesen Antrag ab. Anbei der Wortbeitrag des Fraktionsvorsitzenden Thorsten Ahrens zum Antrag (es gilt das gesprochene Wort):

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

Werte Damen und Herren der CDU,

Sie haben ihren Antrag mit "Videoüberwachung auf dem Marienplatz in Görlitz" überschrieben, der treffendere Titel wäre jedoch wohl eher "Beschlussantrag zum Abbau von BürgerInnenrechten".

Immer wieder fordern hilflose Politiker – heute hier die CDU - mehr öffentliche Videoüberwachung. Um ein vermeintliches Sicherheitsempfinden zu schaffen, soll Freiheit abgeschafft, zumindest aber noch weiter eingeschränkt, werden.

Ja, Überwachungskameras gibt es in Geldautomaten, bei Demonstrationen jeder Art, in Bahnhöfen und an den Eingängen diverser Gebäude. Kameras sind heute fast schon überall. Denn Kameras sind billig. Billiger als Polizistinnen und Polizisten zumindest und zugegeben, sie täuschen ein Handeln der Politik ja auch gekonnt vor.Einst war man im öffentlichen Raum anonym. Solange niemand nach Namen oder Ausweis fragte, und man keinen Bekannten traf, konnte man sich frei und auch unerkannt bewegen.

Das soll, so es nach der CDU (bei den anderen Fraktionen wissen wir es noch nicht genau) geht, vorbei sein. Auf öffentlichen Plätzen soll es diese Freiheit und Anonymität nicht mehr geben.

Die CDU spricht damit den Bürgerinnen und Bürgern ihr generelles Misstrauen aus. Aus Bequemlichkeit, um Geld für Personal und Prävention zu sparen oder auch einfach nur um das Datenmaterial wirtschaftlich zu verwerten.

Der nächste – jetzt schon mögliche - Schritt sind Bildauswertungsverfahren, die automatisch Menschen identifizieren.Bildauswertungsverfahren, die automatisch Menschen verfolgen können, anhand der Geometrie ihres Gesichtes, anhand ihres Gangbildes, anhand des Faltenwurfs ihrer Kleidung. In Verbindung mit Fotodatenbanken der Meldebehörden und mit Facebook und Flickr wird daraus ohne Aufwand der gläserner Bürger, die gläserne Bürgerin.

Der Preis ist damit klar. Es ist die persönliche Freiheit. Sie wird geopfert.

Was aber soll der Nutzen sein? Das man mit dem Einsatz von Kameras mehr Sicherheit gewinnt, ist nicht belegt. Es gibt nur wenige Studien, die untersucht haben, ob Kameras überhaupt Einfluss auf die Kriminalität haben. Ergebnis: Die Verbrechensrate sinkt nicht wegen des Einsatzes von Kameras. Auch wenn es manch einer sich wohl aus populistischen Gründen anders wünschen mag, leben wir eindeutig in einem der sichersten Länder der Welt.

Es geht der CDU hier also vor allem - und wieder einmal - um eine Fassade. Darum, durch vermeintlich kraftvolles  Handeln ein subjektives Sicherheitsempfinden zu schaffen. Kriminalität ist natürlich ein gesellschaftlich relevantes Thema, das ist auch uns klar. Um sie zu reduzoeren, braucht es jedoch komplexe Handlungsstrategien. Kameras sind dabei der billigste und der schlechteste Weg. Sie verändern nichts an den Ursachen, sie können nur die Symptome beobachten.

Und der Preis dafür ist hoch. Wir verlieren durch allgegenwärtige Kameras viel.

Das Gefühl, vom Staat in Ruhe gelassen zu werden zum Beispiel, manche nennen es Freiheit. Aus Angst, die die Konservativen hier schüren, bringen wir unsere freie Gesellschaft um.  Das wollen sie ernsthaft?

Wer überwacht wird, kann sich nicht entfalten, wird nichts ausprobieren, entwickelt einen Hang zum Konformismus.

In was für eine Zeit, liebe CDU, wollen sie da eigentlich zurück?

Wir als LINKE lehnen diesen Antrag ab und bitten alle hier im Rat,  die die Bürger- und Freiheitsrechte ernst nehmen, dies ebenso zu tun.

 

Leider wurde der Antrag dennoch angenommen, wir werden weiter an dem Thema bleiben. Die Prüfung der Verwaltung kann aus unserer Sicht ohnehin nur erbringen, dass es u.a. im Sinne des § 33 des Sächsischen Datenschutzgesetzes sowie des § 4 der Sächsischen Gemeindeordnung ohnehin keine kommunalverfassungsrechtliche Rechtsgrundlage zum Erlass von Videoüberwachung gibt.

Kategorien: DIE LINKE. Görlitz

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