04. February 2017 Hannes Gelenk

Die Treppe von Auschwitz-Birkenau

Gedanken von Hannes Gelenk aus Löbau zum 72. Jahrestag der Befreiung des deutschen Vernichtungslagers durch die Rote Armee.

Ziemlich normale Stufen aus Beton, die in einen Keller führen könnten, so scheint es. Sie gehören aber zu keiner normalen Treppe, denn sie gehört zu dem weg, den Hunderttausende gingen, um niemals wieder unter den Lebenden zu erscheinen. Es ist die Treppe, die zum Auskleideraum des Krematoriums 2 des deutschen Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau (Oświęcim-Brzezinka) führt, das mit ca. 1,5 Millionen getöteter Menschen die Spitzenposition beim Massenmord durch die Nazis einnimmt. Als ich diese Teil des Vernichtungsapparates das erste Mal im März 2007 sah, stellte ich mit vor, wie Männer, Frauen und Kinder hinunter schritten, um letztendlich den Tod des Vergasens mit Zyklon B, einer Entwicklung der deutschen Chemieindustrie unter der Leitung der IG Farben AG zu erleiden. Hocheffektive Verbrennungsöfen, ebenfalls deutsche Spitzentechnologie, besorgten dann, nachdem die toten Körper ihrer letzen Werte beraubt waren, den Rest.

Was dort von 1941 bis zur Befreiung des Lagers am 27. Januar 1945 geschah ereignete sich auch in Belzec (Bełżec) mit ca. 435.00 in Majdanek mit ca. 235.000, Kulmsdorf  (Chełmno nad Nerem) mit ca. 300.00 in Treblinka mit mehr als 1.000.000 und in Sobibór mit etwa 250.00 Ermordeten. Etwa 6 Millionen Menschen jüdischen Glaubens wurden durch deutsche Faschisten und Nationalisten aus von Deutschland okkupierten Ländern kaltblütig, planmäßig und grausam getötet.

Die Geschehnisse im Zusammenhang mit dem Holocaust der physischen Beseitigung der europäischen Juden, sind fern jeder Vorstellungskraft. Welcher Geist konnte sich diese Art der industriellen Vernichtung von Menschen ausdenken? In der Stadt Auschwitz und ihrer Umgebung existierten insgesamt drei Konzentrationslager. Das Stammlager Auschwitz (ca.60.000 bis 70.000 Opfer) mit dem infamen Schriftzug „Arbeit macht frei“ über dem Tor, das 1940 aus einer Kaserne der Polnischen Armee auf Anweisung Heinrich Himmlers in ein Gefangenenlager umfunktioniert wurde, beherbergt heute das Museum mit Relikten , die den Besucher erschauern lassen und zutiefst erschüttern. In den Gängen einer Steinbaracke des Blocks 11 hängen Fotografien von Insassen, die höchstwahrscheinlich alle ermordet wurden. Ihre Augen, die ich niemals vergessen werde, scheinen noch zu leben und drücken dem Betrachter gegenüber die durchlebten Schrecken und Leiden aus. In den Räumen des Krematoriums, die 1941 zu einer Gaskammer umgebaut wurden , ermordete man im Dezember 1041 in einer Aktion 900 sowjetische Kriegsgefangene mit dem Insektizid Zyklon B, um die Wirksamkeit dieses Blausäurepräparates im “Echtversuch“ zu testen.

Dort wurde auch im April 1947 der ehemalige Kommandant des Lagers, Rudolf Höß im Angesicht des Ortes seiner schrecklichen Taten am Galgen, der als eine Art Sühnezeichen immer noch dort ist, gerichtet.  Dad Lager III, Auschwitz-Monowitz (ca. 20.000 bis 25.000 Opfer), östlich des Zentrums der Stadt und zu den Buna-Werken der IG Farben AG gehörend, hatte die Aufgabe, die Insassen durch Arbeit zu vernichten. Wer die Gelegenheit hat, das Buch „Der Mann, der in Auschwitz einbrach“ des Augenzeugen Denis Avey zu lesen, sollte das zun. Er war als britischer Kriegsgefangener an diesem Ort und wurde Augenzeuge der Verbrechen der SS-Leute an den jüdischen Arbeitssklaven.

Als der Krieg gegen die Sowjetunion begann, multiplizierten sich die Kriegsverbrechen und Gräueltaten in nie gekanntem Ausmaß. Der Oberst und spätere General der Wehrmacht, Henning von Tresckow, der die Maßnahmen zum Völkermord der Nazi-Partei und ihre ausführenden Organe wie Gestapo, SD und SS wahrnahm, bemerkte seinerzeit mit unheimlicher Voraussicht: „Dieses wird noch in Hunderten von Jahren Auswirkung haben und es wird nicht nur Hitler sein, der beschuldigt ist, sondern vielmehr du und ich, deine Frau und meine Frau deine Kinder und meine Kinder, diese Frau, die die Straße überquert, und dieser Typ, der dort einen Ball stößt“. Seine Worte werden genährt durch den in unserer Zeit wiederaufgekommenen und –erstarkenden Nationalismus in Europa, dessen faschistoide und faschistischen Tendenzen offen erkennbar sind. Ob das freiheitlich-demokratische  System der westlichen Demokratien in der Lage sein wird, diese Entwicklung effektiv zu unterdrücken, ist fraglich, denn Faschismus an der Macht ist, so wie es Georgi Dimitrov formulierte „die offene, terroristische Diktatur der reaktionärsten, chauvinistischsten am meisten imperialistischen Elemente des Finanzkapitals“.

„Menschen, ich hatte euch lieb, seid wachsam!“ sagte der tschechische Kommunist Julias Fučik, bevor er in Berlin-Plötzensee im September 1943 von Nazischergen durch das Fallbeil hingerichtet wurde. Behalten wir seine Worte in bleibender Erinnerung, wenn wir am 27. Januar an einer Gedenkstätte stehen, und handeln wir danach.

Kategorien: DIE LINKE. Görlitz

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