Eine Betrachtung zum Jahrestag der Befreiung vom Faschismus
Bei einer Führung auf dem Jüdischen Friedhof in Görlitz machte Frau Ines Haaser vom Kulturhistorischen Museum die Besucher auch auf die Gedenkstätte für die Todesopfer aus dem damaligen Außenlager Biesnitzer Grund des KZ Gross-Rosen aufmerksam. Auf diesem Friedhof haben 234 Opfer ihre letzte Ruhe gefunden. Die Namen von 148 von ihnen sind aus den Verbrennungslisten des Görlitzer Krematoriums bekannt. Sie sind auf den Stelen der Gedenkstätte zu lesen. Ein Besucher berichtete, wie er als Schuljunge einem Trupp der Häftlinge begegnet war, die sich halb verhungert und in erbärmlichen Zustand vom Lager zur Arbeitsstätte in der WUMAG durch die Straßen schleppte. In Görlitz gut bekannt ist auch ein Überlebender dieses Lagers, Schlomo Graber, der in seinem Buch „Denn Liebe ist stärker als Hass“ von seinen Leiden in diesem Lager und seine Befreiung durch die Soldaten der Roten Armee am 8. Mai 1945 berichtet.
Der 8. Mai ist auch für uns ein Tag, an dem wir uns in jedem Jahr an die Zerschlagung der faschistischen Machtherrschaft durch die Armeen und Völker der Anti-Hitler-Koalition erinnern und der Millionen Opfer gedenken, die diese Befreiungstat erforderte. Mit Kränzen und Blumen an den Ehrenmalen und Gedenkstätten ehren wir diese Opfer.
Über das KZ-Außenlager Biesnitzer Grund, seine Opfer und seine Geschichte wissen viele Görlitzer wenig. Auf diesbezügliche Fragen wird man meistens auf das Kriegsgefangenenlager STALAG-VIIIA in Zgorzelec verwiesen, in dem tausende sowjetische Kriegsgefangene verhungerten. Das Außenlager Biesnitzer Grund stärker in das Bewußtsein der Görlitzer Bürger zu rücken ist das Anliegen einer Ausstellung, die gegenwärtig in der Fachhochschule Görlitz zu sehen ist. Sie hat die Geschichte eines anderen Außenlagers des Lagersystems des KZ Gross-Rosen und seiner Opfer zum Gegenstand. Mit dem Titel „Der Schornstein mahnt!“ zeigt diese Ausstellung die Erforschung der Geschichte des KZ-Außenlagers Kamenz-Herrental und die Bemühungen, den Opfern eine Gedenkstätte zu errichten. Nach zweijähriger Bauzeit wurde sie am 7. Juli 2011 in einer Feierstunde der Kamenzer Öffentlichkeit übergeben. An dieser Feierstunde nahmen auch ein Überlebender dieses Lagers und der Sohn eines in diesem Lager ermordeten Häftlings teil. Ihre Schicksale und die Aussagen weiterer ehemaliger Häftlinge belegen die Verbrechen an der Menschlichkeit, die diese Zeit der Nazi-Herrschaft auch für die Stadt Kamenz zum schwärzesten Kapitel ihrer Geschichte werden ließ. Der „Vernichtung durch Arbeit“ für die Rüstungsproduktion der Daimler-Benz-AG, durch Krankheiten, Unterernährung, der Brutalität und Mordlust der SS-Wachmannschaft fielen ca. 200 Häftlinge zum Opfer. Die Verbrennung ihre Leichen in der betriebseigenen Kesselanlage der Tuchfabrik, in der das Außenlager eingerichtet war, erfüllte die Bewohner der Umgebung des Lagers als „Blauer Rauch über dem Herrental“ mit Angst und Schrecken. Dank der Initiative eines Fördervereins und der Spendenbereitschaft Kamenzer Bürger und Firmen gelang es mit Unterstützung der Stadt Kamenz die Anonymität dieser Opfer zu überwinden. Mit der Nennung ihrer Namen auf den Edelstahltafeln in der Gedenkstätte erhielten sie ihre menschliche Würde zurück, die ihnen ihre Peiniger bis über den Tod verweigert hatten.
Das Motto dieser Ausstellung „Erinnern – Gedenken – Mahnen!“ hat in der Gegenwart aktuelle Bedeutung. Rassistische und nationalistische Hetze und Vorurteile führten damals zu brennenden Synagogen und zu den unmenschlichen Verbrechen an Millionen Menschen in den Konzentrations- und Vernichtungslagern. Den heutigen Brandstiftungen auf Flüchtlingsunterkünfte, den Hetzreden auf den PEGIDA-Kundgebungen, den Aufmärschen von NeoNazi-Kameradschaften, den Anschlägen auf LINKE-Politiker und ihre Büros muss Einhalt geboten werden – im Namen der Opfer, die für die Befreiung unseres Volkes und der Völker Europas starben. Der 8. Mai mahnt: nie wieder Krieg, nie wieder Faschismus!
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