Gedanken von Kreisrätin Sabine Kunze zur Entscheidung über die Erweiterung des Görlitzer Landratsamtes
Kurz vor den Kommunalwahlen am 26. Mai trommelte der Landrat den alten Kreistag zu einer Sondersitzung zusammen. Er wollte noch vor den Wahlen unbedingt den Baubeschluss zur Erweiterung des Landratsamtes auf der Bahnhofstrasse in der Tasche haben. In einer besonderen Fraktionssitzung wollte uns der Finanzbeigeordnete, Herr Gampe, das Vorhaben schmackhaft machen. Er erläuterte uns das Vorhaben, das aus der Sanierung von alten Häusern auf der Berliner Straße und der Salomonstraße, einem Neubau im entstehenden Innenhof sowie einer Tiefgarage bestehen soll. Am Ende sollen die Ämter der Außenstellen in Görlitz (Lunitz, Reichertstraße, Otto-Müller-Straße) sowie das Vermessungs- und Umweltamt aus Löbau die neuen Räume beziehen.
Das sind ca. 370 Mitarbeiter*innen zu den jetzigen 350 dazu. Insgesamt geht es um sage und schreibe 57 Mio. Euro. Davon entfallen 22 Mio. Euro auf die Altbausanierung, 17 Mio auf den Neubau, 4 Mio auf die Verwaltungsmodernisierung, 1,3 Mio. auf die Ausstattung, ca. 2 Mio. auf die energetische Sanierung Berliner Straße 37, 7 Mio. Euro auf die Tiefgarage (davon sollen 5 Mio. für 120 öffentliche Plätze sein) und der Rest ist Kostenrisiko. Zur Finanzierung sollen der Bund und das Land 16 Mio. Euro und die Stadt Görlitz 2 Mio. Euro beisteuern, der Landkreis will 10 Mio. aus Eigenmitteln nehmen. Der große Batzen von 25 Mio. soll aus Mitteln für den Strukturwandel infolge des Braunkohleausstiegs kommen.
Als Trostpflaster für die Mittelzentren sollen dann endlich in Weißwasser, Niesky, Löbau und Zittau Bürgerbüros eingerichtet werden, in denen publikumsintensive Anliegen (z. B. Kfz-Zulassungen) geklärt werden können.
Das finde ich gut, wir fordern das auch seit langem. Dennoch ist mir das alles eine Nummer zu groß. Prognosen besagen, dass die Bevölkerung bei uns jährlich um 2 bis 2,5% geringer wird – brauchen wir dann nicht auch mal weniger Verwaltung? Eine Zentralisierung der Görlitzer Standorte und die Altbausanierung finde ich gut, aber hätten hier nicht die 370 Mitarbeiter*innen Platz genug? Muss dann noch ein Neubau sein? Warum muss ein neuer Saal gebaut werden für Kreistagssitzungen und vielleicht andere Veranstaltungen, wenn die Stadthalle händeringend ein Nutzungskonzept sucht?
Görlitz braucht sicher dringend Parkplätze, aber könnte man bei Wegfall des Neubaus nicht den Innenhof dafür nutzen und die teure Tiefgarage sparen? Außerdem glaube ich nicht daran, dass die geplanten 120 öffentlichen Stellplätze auch für Publikum zur Verfügung stehen, wenn über 700 Menschen, von denen sicher ein Großteil mit dem Auto zum Dienst fährt, morgens einen Parkplatz suchen! Auch wenn in dem Beschluss "nur" der Eigenanteil des Kreises von 10 Mio. Euro und der Eigenanteil für die Tiefgarage von 2,32 Mio. Euro beschlossen wurde, werde ich ein mulmiges Gefühl nicht los.
Außerdem hat eine Verwaltungserweiterung auch nicht viel mit Strukturwandel zu tun, auch wenn sich der Landrat viel Mühe machte, das so zu erklären. Hier entsteht keine neue Gewerbeansiedlung, von neuen Arbeitsplätzen ganz zu schweigen. Aber dafür sollen die Strukturmittel doch sein! Trotz dieser Bedenken bekam der Beschluss eine satte Mehrheit von 48 Ja-Stimmen bei 18 Nein und 8 Enthaltungen. Hoffentlich werden die Befürworter*innen nicht enttäuscht.
Kategorien: DIE LINKE. Görlitz
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