Kurz vor dem Bundesparteitag der LINKEN Anfang Juni in Leipzig schlagen die Wellen wieder einmal hoch. Ausgangspunkt dafür sind Papiere verschiedener Gruppen zum Thema Migration.
Aufhänger ist ein Papier einer "Projektgruppe Einwanderung" vom Januar 2017, in dem Vorschläge für ein linkes Einwanderungsgesetz gemacht werden. Bis zur Bundestagswahl 2017 blieb es weitgehend friedlich, doch nun brodelt es wieder.
Dabei wird darüber gestritten, ob es überhaupt notwendig sei, ein linkes Einwanderungsgesetz vorzulegen oder ob dies bereits ein Abrücken von der Vision der "offenen Grenzen für alle" ist. Die Verfasser*innen des "Thesenpapiers zu einer human und sozial regulierenden linken Einwanderungspolitik" werben für eine differenzierte Behandlung von Asylsuchenden und Flüchtlingen, denen unbegrenzt Schutz zu gewähren ist und Migration aus anderen Gründen. Hier geht es nicht nur um die Gestaltung der Integration in unsere Gesellschaft, sondern vor allem um die Beseitigung der Fluchtursachen im Herkunftsland, aber auch um das Recht des aufnehmenden Landes, den Prozess zu steuern. Für die Verfasser*innen des Gegenpapiers "Keine Verabschiedung von einer internationalistischen, solidarischen linken perspektive in der Migrations- und Asylpolitik"“ sind diese Thesen die Aufgabe der linken Vision von "offenen Grenzen für alle".
Sie kritisieren auf das Schärfste die "strikte Unterscheidung zwischen Flucht und Migration, die künstlich, willkürlich und beliebig" sei und fordern aus einer „linken universalistischen Sicht“ den Kampf für „ein Recht auf Migration und Bewegungsfreiheit“. Gleichwohl schreiben sie aber: "Ja, es gibt (noch) kein universelles Recht auf Migration und Einwanderung, und ja, realpolitisch ist ein solches Recht derzeit weder durchsetzbar noch vorstellbar." Und weiter "Es versteht sich von selbst, dass sich unsere Grundsätzlichen Forderungen nicht eins zu eins in realpolitische Politik umsetzen lassen." Da muss man sich doch fragen, warum dieser verbitterte Schlagabtausch nötig ist und ob es nicht besser wäre, an einer aktuell vermittelbaren Lösung gemeinsam zu arbeiten, die der Realität wie linken Ansprüchen genügt.
In der Wochenzeitschrift „der Freitag“ (Nr. 19) hat der Autor Michael Jäger z. B. einen guten Vorschlag gemacht. Er schreibt:
"Die Linke hält dagegen, dass gerade die Fachkräfte, die gern einwandern würden, in ihren Herkunftsländern gebraucht werden. Warum also nicht ein Entwurf, der genau diesen Kräften die Einwanderung verweigert, vorausgesetzt, dass sie in ihrer Heimat arbeiten können und dort weder bedroht noch benachteiligt sind? Warum muss ein Gesetz der Linken mehr enthalten als das, wo doch die Entwürfe der anderen Parteien nur von den Fachkräften handeln? Einleitend würde die Fraktion darauf hinweisen, dass sich die Einwanderung ohnehin nicht stoppen lasse, wer das glaube, mache sich Illusionen über ein Hauptproblem des 21. Jahrhunderts, an dem auch Deutschland nicht unschuldig sei. Das Gesetz sähe im Übrigen eine drastische Erhöhung der Entwicklungshilfe und unbedingte Solidarität mit allen vor – abgesehen nur von den Fachkräften – denen die Flucht nach Deutschland gelungen ist. Das wäre alles!"
Ich finde, dieser Vorschlag könnte ein Kompromiss sein. Er vereint Entwicklungshilfe, Fluchtursachenbekämpfung, Solidarität und Menschenrechte in einem Gesetz.
Kategorien: DIE LINKE. Görlitz
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