Seniorenausflüge mit den Linken sind immer erlebnisreich. Der Bus war dieses Mal wieder gut besetzt. Alle Aktivitäten liebevoll bis ins Kleinste geplant. Vielen Dank an dieser Stelle.
Tja und wie ist es nun, mit „Schlappohren“ – also hochgradig schwerhörig und/oder an Taubheit grenzend schwerhörig – unterwegs zu sein zu einer thematischen Reise in das historisch so beeindruckende Dresden mit einem Besuch im Sächsischen Landtag? Man möchte dabei sein, nicht außen vor.
Es ist immer wieder enttäuschend, dass mit unserem unsichtbaren Handicap zahlreiche Barrieren das Leben und Genießen ohne Einschränkungen behindern. Das sind wir gewohnt und richten uns, so gut es geht, darauf ein.
Auf dem Anmeldeschein zur Busfahrt hatte ich meine Bedürfnisse um das Hören und Verstehen notiert. Vorsorglich hatte ich noch kurz vor der Reise bei Kathrin Kagelmann angefragt, ob denn Hörtechnik im Landtag zur Verfügung steht. Alles sollte klar gehen… Aber als ob ich es geahnt hätte…
Vorsichtshalber steckte ich Teile einer FM-Anlage ein, die dann gleich bei der Stadtrundfahrt gute Dienste leisteten und wir das Meiste von den Darlegungen akustisch verfolgen konnten.
Im Landtag war ich davon ausgegangen, dass eine Höranlage zur Verfügung stehen würde. Ich bin mir auch ziemlich sicher, dass es eine derartige Anlage dort gibt. Aber was nützt sie, wenn niemand von den zahlreichen Mitarbeitern weiß, wo wie was?
Es ist ein Armutszeugnis, dass im Landtag am gleichen Tag zu Beginn der aktuellen Debatte zum Thema stand: „Behindern verhindern – der Freistaat Sachsen auf dem Weg in die inklusive Gesellschaft“, und Inklusion schon an so einfachen Dingen scheitert.
Beim Eröffnungsgespräch mit Mirko Schultze und bei der Einführungsrunde durch den Mitarbeiter des Landtages tat meine mitgebrachte Anlage wieder gute Dienste. Doch dann war für mich Schluss mit dem akustischen Verstehen im Landtag.
Ich saß auf der Zuschauertribüne und mir blieb nichts übrig, als meine Aufmerksamkeit visuell auf die Vorgänge im Plenum zu beschränken und die Abgeordneten zu beobachten. Was ich da so erleben musste, ist beschämend. Da sitzen Menschen, die das Volk vertreten, und die gegen simple Etiketten des Anstandes verstoßen. Da wird geplaudert, am Laptop gearbeitet, mit dem Smartphone gespielt, im Saal herumgelaufen. Selbst bei Reden der eigenen Fraktionsmitglieder sind die Abgeordneten scheinbar nicht bei der Sache. Wenn ich überlege, dass Schulklassen auf der Zuschauertribüne die Politiker so live erleben.
Zurück bleibt neben schönen Erlebnissen und Gesprächen am Rande die Unzufriedenheit, wo das Hohe Haus des Landes Sachsen bei der Verwirklichung der Barrierefreiheit steht. Zum wiederholten Mal musste ich erleben, welch langer Weg noch vor uns Hörgeschädigten liegt, um die uneingeschränkte Teilhabe am Leben, um unsere Bedürfnisse rund ums Hören und Verstehen – rechtlich verbrieft durch die UN-Behindertenkonvention – erfüllt zu bekommen.
Kategorien: Arbeitsgemeinschaften
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