20. December 2016 Linksjugend [ˈsolid]

Sie hin! Armut ist real

Es ist kalt und verregnet. Viele Menschen lassen sich trotzdem nicht davon abbringen, am 18.12., einem verkaufsoffenen Sonntag, die letzten Weihnachtsgeschäfte zu erledigen.

Auf dem Marienplatz liegt ein Obdachloser. "Gehen sie weiter, hier gibt es nichts zu sehen. Uns geht es Allen gut hier in Deutschland", mahnen eine junge Frau und ihr Kollege in Businesskleidung. Beide stehen vor dem Obdachlosen und schirmen ihn vor den neugierigen Blicken der Passant_innen ab. Für viele ist diese Aufforderung aber auch nicht nötig. Es beginnt zu regnen und die Zeitungen, auf denen der Obdachlose liegt, beginnen durchzuweichen.

Armut ist auch bei uns alltäglich

Wenige Meter weiter stehen wir und klären die Vorbeigehenden durch Gespräche und Flyer auf: Der Obdachlose und seine „Bewacher_innen“ gehören natürlich auch zu uns. Mit dieser kleinen Szene wollen wir die Menschen aufrütteln. Armut ist auch in Deutschland alltäglich und nicht immer ist sie so offensichtlich zu erkennen, wie in dieser gestellten Szene. Neben Essen und einem Dach über dem Kopf gehört auch gesellschaftliche Teilhabe zu den menschlichen Bedürfnissen. Gerade einmal 404 Euro bekommt ein_e HartzIV-Empfänger_in im Monat und selbst diese lächerliche Summe kann durch willkürliche Sanktionen noch gekürzt werden. Da reicht es manchmal kaum für das Nötigste, geschweige denn für Hobbys oder kulturelle Veranstaltungen. Alleinstehender Geflüchtete bekommen, entgegen aller Stimmungsmache sogar nur 354 Euro im Monat. Beide sind Opfer desselben kapitalistischen Systems, in dem Diejenigen hinten runterfallen, deren Arbeitskraft nicht verwertbar ist.

Armut müsste nicht sein

Das wollten wir den Menschen klarmachen. Dabei müsste in einem so reichen Industrieland niemand in Armut leben. Es gibt zum Beispiel enorme Steuerüberschüsse, trotzdem wird an der sogenannten "schwarzen Null" religionsähnlich festgehalten, zulasten der Sozialausgaben. Statt das zu erkennen, wird schnell nach simplen Feindbildern gesucht. Aktuell sind es die Geflüchteten. Auch in unseren eigenen Reihen ist das leider schon vorgekommen. Nach einer halben Stunde brechen wir ab. Es wird einfach zu kalt. Wir sind froh, dass wir uns keine Sorgen müssen, wie wir danach unsere Wohnung warmbekommen.

Diesen Luxus müssen wir uns und Anderen immer wieder bewusstmachen und gegen die herrschenden Verhältnisse, die viele in die Armut treiben aktiv kämpfen. Das Bedingungslose Grundeinkommen ist dabei nur ein Schritt auf dem Weg, wenn auch ein sehr großer. Langfristig gilt es, den Kapitalismus als solchen zu überwinden, um endgültige Soziale Gerechtigkeit herzustellen.

Kategorien: Arbeitsgemeinschaften

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