20. March 2020 Sabine Kunze

Wie weiter nach Corona?

Gewöhnlich ist Rothenburg ein ruhiges Städtchen. Zum Leidwesen vieler Bürger*innen haben in der Innenstadt viele Geschäfte in den vergangenen Jahren geschlossen. Jüngst machte das Schreibwaren- und Spielzeuggeschäft dicht, das Sportgeschäft hat Aufgabe zum Mai angekündigt. Doch mit dem heutigen Tag (Donnerstag, 19. März) ist es noch ruhiger geworden. Das Corona-Virus hat auch Rothenburg erreicht, obwohl es weder Infektions- noch Verdachtsfall gibt. Dieses Thema beherrscht die Gespräche der Menschen – in der Familie, unter Freunden, in der Kaufhalle. Dort sieht man die Auswirkungen der Krise am deutlichsten. Das Regal mit dem Klopapier ist wie leergefegt, bei den Konserven klaffen Lücken ebenso bei den Nudeln. Trotzdem kann von Versorgungsnotstand bisher keine Rede sein. Aber die Leute sind verunsichert und machen sich Sorgen, wie es weiter geht, wenn bis zum 20. April Schulen und Kitas, Geschäfte, Kinos, Theater, Museen geschlossen sind. Wie werden kleine und mittlere Unternehmen, die nicht über nennenswerte Rücklagen verfügen, keinen Anspruch auf Lohnersatzleistungen haben, mehrere Wochen ohne Einnahmen überstehen? Wie werden Eltern, die wegen ihrer Kinder zu Hause bleiben müssen, mit Kurzarbeitergeld oder unentgeltlicher Freistellung die Zeit überstehen? Zwar werden Bundes- und Landesregierung nicht müde, Unterstützung zuzusagen und Optimismus zu verbreiten, doch zinsfreie Kredite oder Steuerstundungen werden da wenig helfen. Dieser Virus, der diesmal nicht nur arme und von Krieg oder Umweltkatastrophen gebeutelte Länder, sondern die reichen Industrieländer in die Knie zwingt, zeigt, wie anfällig die globalisierte Welt geworden ist. Schließung der Grenzen, leere Regale, Erfassung von Bewegungsdaten, vielleicht sogar Ausgangssperren – wann hat es das schon mal gegeben? Ja,  ist denn die DDR zurück? Schon vor längerer Zeit wurde geklagt, dass es Lieferengpässe bei bestimmten Medikamenten gibt, weil fast alles in Asien, vor allem in China, produziert wird. Gibt es dort, aus welchem Grund auch immer, Ausfälle und Stockungen, geht in Europa nichts mehr. In einer Talkshow sagte ein Wissenschaftler sinngemäß: Das sind Auswirkungen der bisher gepriesenen Glaubensgrundsätze: „Geiz ist geil“ und „just in time“. Die Verlagerung der Produktion in Länder, die billiger produzieren als Europa und der Glaube, Vorratswirtschaft kostet nur Geld, es rollt ja immer die Karawane, fällt uns nun massiv auf die Füße. Nicht zuletzt die 60 km Stau auf der A4 nach Polen zeigen das Ausmaß dieses Wahnsinns. Die Krise könnte Anlass sein, über unseren Lebensstil nachzudenken. Obst und Gemüse zu jeder Jahreszeit, Textilien im Überfluss, jeden Tag Fleisch. Alles immer verfügbar und möglichst billig. Die EU braucht für ihre Grundnahrungsmittel und Konsumgüter aus landwirtschaftlicher Produktion anderswo auf der Welt eine Fläche von 6,4 Millionen Quadratkilometer – eineinhalb mal so groß wie die Fläche der 28 EU-Mitglieder (der Freitag, 19.03.20). Doch ich befürchte, danach geht es weiter wie bisher. Außerdem wird es nicht nur Verlierer sondern auch Gewinner der Krise geben. Die großen Unternehmen werden mit staatlichen Förderprogrammen unterstützt (es geht ja um Arbeitsplätze) und werden sich ganz nebenbei die lästige Konkurrenz der kleinen Unternehmen vom Hals schaffen. Das nennt man Marktbereinigung.

Kategorien: DIE LINKE. Görlitz

Kommentare

Keine Kommentare zu diesem Beitrag

Hinterlassen Sie einen Kommentar