27. May 2015

zum nachdenken: Kindertag(e)

Der Kindertag geht auf die Weltkonferenz vom August 1925 in Genf zurück, bei welcher 54 Vertreter verschiedener Staaten zusammenkamen und die „Genfer Erklärung“ zum Schutze der Kinder verabschiedeten.

In der DDR wurde jedes Jahr am 01.Juni der Internationale Kindertag begangen. Eingeführt wurde er dort bereits 1950. In der BRD wurde am 01.September der Weltkindertag begangen, an welchem, pflichtbewusst Politiker/innen auf das Elend der Kinder in der Dritten Welt hinwiesen und Abhilfe versprachen.

Bis heute konnte sich der 20. September als Kindertag im Osten Deutschlands nicht durchsetzen.

Wer erinnert sich noch an die Kindertage in der DDR? Es wurden Ausflüge unternommen, es gab kleine Geschenke, Umzüge und viele kulturelle Programme. Wer von den damaligen DDR – Kindern kennt nicht das Lied „Kleine weiße Friedenstaube“ oder das Gedicht „Bitten der Kinder“, welche bei keinem Kindertag fehlten? 
Heute sind sie wieder aktueller denn je. Welche Kinder kennen heute dieses Lied, dieses Gedicht noch? War unsere Kindheit in der DDR wirklich von Entbehrungen, Hunger oder Elend geprägt? Sicher, wir hatten kein McDonalds, keine Coca Cola, Haribo & Markenjeans oder Plastiktüten, Bananen & Co, keine BILD und kein rund um die Uhr TV.
Aber haben wir das in unserer Kindheit wirklich vermisst? Wir waren draußen, spielten Cowboy und Indianer, Räuber und Gendarm, Gummihopsen, bauten Buden im Wald aus abgestorbenen Holz und Laub, übernachteten in Scheunen oder in „Zelten“ aus Decken, welche mittels Wäscheklammern an Leinen befestigt wurden. Wir waren laut und oftmals waren sicher auch unsere Eltern genauso gestresst wie wir heute. Wer von uns kennt sie nicht, die schier unendlichen Predigten der „Regierung“, wenn wir mal wieder die Zeit vergessen hatten beim „abhängen“ mit den Kumpels, in der Clique, Buden bauen oder beim ersten Date? Wenn die neuen Hosen, Jacke, Schuhe etc. schon nach wenigen Tagen sehr deutliche Gebrauchsspuren aufwiesen, welche auf unsachgemäßen Umgang hinwiesen? Wieder einmal Post von der Schule ins Häuschen stand, weil die Einträge im Hausaufgabenheft schon seit Wochen nicht bestätigt wurden, eine verhunzte Klassenarbeit noch immer nicht Unterschrieben war, da diese auf „unergründliche Weise abhanden“ kam? Oder man einfach mal ein wenig über die Stränge geschlagen hat? Wer hat nicht mal auf die eine oder andere Art und Weise mit der „Volkspolizei“ oder dem „Dorfscheriff“ zu tun gehabt? Wer erinnert sich noch an die erste heimlich gerauchte Zigarette oder den ersten heimlichen Schluck Alkohol? Die Übelkeit danach? Den ersten Discobesuch? Damals endete die Party, wenn die heutigen erst so richtig losgehen. Die Ausweiskontrollen, bei denen 22.00 Uhr alles was noch nicht 16 Jahre alt war rigoros vor die Tür gesetzt wurde? Die Eltern auf ein zeitnahes Erscheinen nach dem „Rauswurf“ beharrten?

Wer erinnert sich noch daran, dass den Lehrer/innen die Tür aufgehalten wurde, die Klasse neben ihren Plätzen stand und Ruhe einkehrte? Ein/e Schüler/in „Meldung“ machte und aufzählte wer fehlte, das Lied welches gesungen wurde? Der Respekt der den Lehrer/innen entgegengebracht wurde? An die Streiche, die wir so manche/r Lehrer/in gespielt haben? Die jedoch für diese nichts Neues waren, hatten sie doch zu ihrer Schulzeit ähnliches veranstaltet. Ebenso die kleinen Notlügen oder kreativen Ausreden weshalb die Hausaufgaben nicht erledigt waren, weshalb das Sportzeug zu Hause war, oder man viel zu spät zum Unterricht erschien.

Wer wollte nicht alles anders machen als die Eltern, die in unseren Augen damals so wie so fast alles falsch gemacht haben? 

Trotz aller Hoch und Tief´s, wir hatten eine Kindheit, wir konnten wirklich Kinder sein. Wir haben getobt, gespielt, uns geprügelt und vertragen, blutige Knie, blaue Flecken, bei strömenden Regen durch die Pfützen toben, all das gehörte dazu.

Was haben wir bis heute erreicht? Sind unserer Träume, unsere Hoffnungen wahr geworden? Sind wir die geworden, vor denen uns unsere Eltern immer gewarnt haben?

Heute sind das Handy oder Smartfon, der beste Freund, es wird gechattet statt miteinander zu reden. Man trifft sich nicht mehr auf dem Bolzplatz oder im Park, man trifft sich im Chat. Bei Regen geht man nur raus, wenn man zu einer wichtigen Party muss, um Zigaretten zu holen oder um zur Schule zu gehen. Cowboy und Indianer sind Play Station Spielen gewichen, ohne echte blutige Knie oder blaue Flecken, aber mit reichlich Blut und Tod in einer virtuellen Welt, die oft so „Detailgenau“ ist wie die Realität. Nicht das Spiel, nicht das Team sind wichtig, nein, die Macht, der Einzelkämpfer. „Überfalle/ erobere andere Länder, erbaue dein Imperium, errichte dein eigenes Reich. Herrsche über die Welt … .“.  Das Kinderzimmer wird zum Kriegsschauplatz.

Während in viele Ländern Kinder in Kriegen getötet werden, wird hier der Krieg zu einem Spiel in dem es immer ein „Game over“ gibt. Während anderswo Kinder an Hunger und Unterernährung sterben leiden in den reichen Industrieländern die Kinder immer öfter an, Altersdiabetes, Bluthochdruck und Adipositas. Überschüssige Lebensmittel werden im Müll entsorgt und enden als Biokraftstoff, zur Energiegewinnung oder einfach auf der Müllhalde.
Kriege, Hunger und Elend sind für viele Kinder weltweit trauriger Alltag. Tausende sterben an vermeidbaren Krankheiten, an Unterernährung, bei „Friedenserhaltenden – oder schaffenden Maßnahmen“. Tausende kommen auf der Flucht aus der Hölle ums Leben, werden verschleppt, missbraucht, ermordet oder ertrinken im Mittelmeer.
In den reichen Industrieländern gibt es ebenfalls Kinderarmut. Diese äußert sich anders als in den so genannten „Dritte Welt“ Staaten. Krieg findet hier nur am heimischen Computer oder Fernesehsender statt. Hier verhungern selten Menschen, an vermeidbaren Krankheiten sterben ebenfalls nicht viele, Unterernährung ist ebenfalls sehr selten. Meist liegen die Ursachen hierfür an den Folgen von Vernachlässigung oder Misshandlungen durch die Eltern, Verwandte oder Bekannte. Nach Schätzungen der UNICEF sind es in den Industrieländern etwa 3.500 Kinder jedes Jahr. Die Dunkelziffer liegt laut Experten deutlich höher.

Im reichen Deutschland sind rund 1,2 Millionen Kinder in Deutschland in relativer Armut betroffen, im reichen Deutschland leben etwa 2,6 Millionen Kinder deren Alltag von Verzicht und Mangel geprägt ist. 76% der Kinder aus einkommensschwachen – und von Hartz IV betroffenen Familien machen weniger als eine Woche Urlaub im Jahr. 54% können es sich nicht leisten wenigstes einmal im Monat ein Kino, Theater oder ähnliches zu besuchen. Viele dieser Kinder haben nicht einmal jeden Tag ein warmes Mittagsessen. Deutschland belegt damit den Platz 15 im Vergleich von 29 Industrieländern. Island und Schweden ab am besten ab.

Im Mai 2002 verpflichteten sich die Nationen der Welt, zu einer Reihe von Ziele welche bis 2012 verbessert werden sollten. Unter dem Titel "Eine Welt - fit für Kinder" geht unter anderen um folgende Ziele, Alle Kinder sollen gesund aufwachsen, lernen können vor Missbrauch, Ausbeutung und Gewalt geschützt werden außerdem sollte Aids/HIV soll bekämpft werden.

Von diesen Zielen ist die Welt weiter entfernt denn je. Durch die „Demokratisierung“ der Welt im Namen der „Terrorismusbekämpfung“ mehren sich die kriegerischen Auseinandersetzungen im gesamten Nahen Osten. Millionen Menschen sind auf der Flucht. Darunter zahllose Kinder. Durch die ständige diplomatische Ausweitung der Konflikte, wird diese Zahl der Flüchtlinge weiter zunehmen.

Auch in Osteuropa schwelt ein Konflikt, welcher mit allen demokratischen und diplomatischen  Mitteln am kochen gehalten wird.

Haben wir uns damals die Welt der Zukunft so vorgestellt? Haben wir uns damals nicht eine Welt ohne Krieg, ohne Hunger vorgestellt? Eine friedliche Welt, die allen offen steht? Wo alle Kinder genauso durch Wiesen und Wälder toben können? Buden bauen und durch den Regen toben? Was ist aus diesen Visionen geworden?

Ramona Gehring

Kategorien: DIE LINKE. Görlitz

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